Auf den Spuren der Lockwitztalbahn
Viel ist nicht mehr übrig von der einstigen Straßenbahn, die in Dresden startete und über Landes bis nach Kreischa fuhr. Begleitet mich auf meiner Spurensuche im Lockwitztal entlang der ehemaligen Lockwitztalbahn.
Eine kleine Zeitreise zum Anfang des 20. Jahrhunderts
Wir begeben uns zurück in das Jahr 1905. Niedersedlitz, heute Stadtteil von Dresden, ist noch eigenständig. Die Gemeinden im Lockwitztal haben sich soeben zusammengeschlossen und die Postkutschenfahrten sind nicht mehr en vogue wie noch 10 Jahre zuvor. Zunehmend verbinden Züge größere Städte und auch Straßenbahnen befördern Passagiere immer häufiger von A nach B. Vorraussetzungen, wie gemacht für einen neue Nahverkehrsstrecke, deren Grundstein in eben diesem Jahr 1905 erfolgte. Die Lockwitztalbahn. Nach etwas mehr als einem halben Jahr Bauzeit erfolgte am 3. März 1906 die Jungfernfahrt von Dresden-Niedersedlitz nach Kreischa. Fortan quietschte und ratterte die Straßenbahn entlang der kurvenreichen Strecke durch das Lockwitztal, immer entlang des Lockwitzbachs.
Die meterspurige Strecke führt als Einschienenstrang durch das Lockwitztal und hatte einige Ausweichstellen, um entgegenkommenden Straßenbahnen ausweichen zu können. Eingereiht hat sich die Lockwitztalbahn in eine ganze Reihe von Überlandstraßenbahnen, die es um diese Zeit in Sachsen gab. Die bekannteste unter ihnen ist die noch heute aktive Kirnitzschtalbahn.
Eine Fahrt durch das Tal der Mühlen – das Lockwitztal
Entlang des rund 30km langen Lockwitzbachs von Niederfrauendorf über Kreischa und Reinhardtsgrimma nach Dresden existierten früher eine Menge Mühlen. Im Einzugsgebiet des Bachs und entlang des Bachs wurden 29 Mühlen durch das Wasser angetrieben. Einige sind heute noch existent und in neuer Funktion zum Beispiel als Gaststätte oder Museum begehbar. Auch entlang unserer 9.2km langen Fahrt flussaufwärts vom Bahnhof Niedersedlitz zum Straßenbahnhof Kreischa können wir 14 ehemalige Mühlen passieren, von denen heute noch mit der Niedermühle Lockwitz, Hänischen Mühle Lockwitz, Kakaomühle Lockwitz, der Schmidts- Mühle, der Hummelmühle mit Mühlenmuseum, der Brandmühle Kautzsch und der Ufermühle Kreischa immerhin noch 7 existent, wenn auch keine mehr in ihrer ursprünglichen Funktionalität.
Besonders schön erscheint die Lockwitzer Schmidts-Mühle, die heute eine Gaststätte beherbergt. Und auch die Hummelmühle mit dem Mühlenmuseum auf halber Strecke zwischen Dresden und Kreischa ist sehr auffällig. Vor allem wegen des Baumaschinenbetriebs. Hier ist auch ein Mühlenmuseum eingerichtet.
Und so schlängelte sich die Bahn durch das kurvenreiche Lockwitztal vorbei an zahlreichen Mühlen. Der Fahrgast konnte während der Fahrt die Blicke auf diese schweifen lassen und sieht dabei die sanften Hügel mit ihren grünen Wiesen und Wäldern vorbeiziehen. Viele Ausflügler fuhren früher bis zum Ende der Strecke um zum Beispiel eine Wanderung auf den Wilisch oder die Quohrener Kipse zu unternehmen.
Vom Aufstieg und Fall der Lockwitztalbahn
Von dieser Fahrt machten bereits im ersten Jahr mehr als 370.000 Menschen Gebrauch. 1912 steigerten sich die Passagierzahlen gar auf über eine halbe Million Fahrgäste. Die beiden Weltkriege überstand man beinahe unbeschadet, jedoch litt die Substanz der Strecke und die Zuverlässigkeit der Stromversorgung in den Folgejahren arg. Weiterhin waren täglich weiterhin mehr als 2.500 Gäste auf der Strecke unterwegs und die Wirtschaftlichkeit gewährleistet. Umbaumaßnahmen, Sanierungen und Neuanschaffungen sorgten für eine kürzere Taktung und ein erhöhtes Fahraufkommen. Die grüngestrichenen Bahnen mit ihren cremefarbenen Fenstern erfüllten ihren Dienst auch in den 60er Jahren zuverlässig weiter, jedoch sorgte der gesteigerte Busverkehr für ein Abflauen der Besucherzahlen. Stück für Stück erhöhte sich zudem der Individualverkehr mit dem eigenen PKW.
Neue Betriebsordnungen für den Straßenbahnbetrieb spielten der Lockwitztalbahn auch nicht unbedingt in die Karten. Und so wurde unter großem Unmut und Bedauern der Bevölkerung wurde der Verkehr Ende der 1970er Jahre eingestellt. Seine letzte Fahrt erlebte die Lockwitztalbahn kurz vor Weihnachten, am 18. Dezember 1977. Fortan fuhr und fährt eine Buslinie 9 Minuten kürzer durch das Lockwitztal und ist innerhalb von 21 Minuten nach Kreischa.
Noch existente Spuren der Lockwitztalbahn
Wer heute noch Spuren der Lockwitztalbahn finden will, der muss genau hinschauen. Den besten Eindruck von der Überlandstraßenbahn erhält man bei einer kleinen Fahrradtour bis hin nach Kreischa. Diese startet beim heute renovierungsbedürftigen Bahnhof in Niedersedlitz und führt uns vorbei am Niedersedlitzer Park und der ehemaligen Gaststätte des Goldenen Löwen durch Niedersedlitz. Entlang der Lockwitztalstraße sind heute noch vereinzelt Schienenstränge zu sehen, die aus dem Grün hervorlugen. Weiter geht der Verlauf durch den Dresdner Ortsteil Lockwitz mit seinen vielen Fachwerkhäusern und der markanten Schlosskirche. Schmidt’s Mühle lädt zu einer kleinen Einkehr ein. Weiter geht der Weg außerhalb der Stadtgrenze unter der imposanten Autobahnbrücke hindurch.
Durch Sobrigau und vorbei an der Hummelmühle führt der Weg kurvenreich nach Kreischa. Hier passieren wir den Kurpark und biegen im Kreisverkehr an der ersten Ausfahrt ab. Zu unserer Rechten begrüßt uns das Café Lehmann, das erste Haus am Platze. Die kleine Gaststätte mit ungarisch-deutscher Küche begrüßt seine Gäste mit einem kleinen Schaufenster zur Lockwitztalbahn und ist im Inneren ein kleines, liebevoll eingerichtetes Antiqitätenmuseum mit allerlei Ausstellungsstücken aus den Anfangsjahren des Cafés.
Gleich nebenan befindet sich die Stadtinformation und Bibliothek, unschwer zu erkennen, im alten Straßenbahnhof Kreischa. Dieser wurde renoviert und ist somit noch heute erhalten.
Wer noch etwas von den ehemaligen Triebwagen der Lockwitztalbahn und ihrer Waggons sehen will, der muss weiter reisen. Zum einen befindet sich ein Triebwagen im Straßenbahnmuseum Dresden, ein weiterer dient in Erfurt als Ersatzteilspender für dortige Sonderfahrzeuge. Ein dritter Triebwagen ist heute noch bei besonderen Anlässen als Sonderwagen auf der Strecke der Kirnitzschtalbahn unterwegs.
Die Lockwitztalbahn heute
Wer sich heute auf die Tour durch das Lockwitztal begeben will, der fährt mit den Dresdner Verkehrsbetrieben am besten. Die Linien 96 86, fährt ab Altlockwitz die exakt gleiche Strecke, wie vor 110 Jahren die Lockwitztalbahn auch schon. Vom Start am Bahnhof Niedersedlitz bis hin nach Kreischa führt der Weg erst mit der Linie 89 und der Linie 66 und später der Linie 86 (die ab Dresden Haltepunkt Dobritz fährt) durch den ländlichen Bereich Dresdens und das schöne Lockwitztal bis ins Osterzgebirge.
Die Kommentarfunktion wurde geschlossen.