Ausstellung: fast fashion. Die Schattenseite der Mode im Deutschen Hygiene-Museum
Die Ausstellung „fast fashion. Die Schattenseite der Mode“ ist die Elbe hoch vom Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg in das Deutsche Hygienemuseum Dresden gewandert und wird dort noch bis 3. Juli diesen Jahres gezeigt. Zusammen mit den Dresdner Nähbloggern durften wir letzte Woche die Ausstellung besuchen und auch hier in Wort und Bild darüber berichten.
Wie bereits der Untertitel der Ausstellung deutlich macht, geht es bei fast fashion um einen Blick hinter die Kulissen der Wegwerfgesellschaft im Modebereich. Eigentlich bin ich ja der Meinung, dass in den letzten Jahren wohl kaum einer nicht verstanden haben kann, auf welche Kosten wir uns Billigkleidung leisten, aber dass nun auch ein Museum dieses Thema aufgegriffen hat und darüber hinaus noch ein umfangreiches Rahmenprogramm realisiert, überzeugt mich sehr.
Die Ausstellung gliedert sich in drei Räume und beginnt gleich am Anfang mit wirklich magenschweren Bildern zu Angorakaninchen und dem schwierigen Wollethema bei Merinoschafen. Auffällig ist, dass die Schau sehr zahlenlastig ist und viele Diagramme das wirklich düstere Kapitel vermitteln sollen. Mich persönlich bewegen aber eher die fotografischen Einblicke in den Lebensalltag der Menschen, die nicht nur die europäische Billigkleidung herstelllen sondern auch – oftmals ohne, dass sie wirklich getragen wurden – verwerten müssen. Wenn man erfährt und sieht, wie viele kleine Kinder inmitten der hochgradig schadstoffreichen Belastungsumgebung leben müssen, ahnt man, dass man bei diesen Abläufen Menschenleben auf dem Gewissen hat, selbst wenn es nicht zu solchen Großunglücken wie beim Einsturz der Textilfabrik in Bangladesch kommt. Im zweiten Raum war für mich das eindrücklichste die Fotoinstallation von Susanne A Friedel, denn die Gegenüberstellung von einem Jumpsuit für 0,09 € und der Aussage, dass die Näherin in Sri Lanka dafür nur an einem Tag in der Woche ihr eigenes Kind sehen kann, macht wohl jedem eindrücklich klar, wie hoch der Preis tatsächlich, der für so ein Billigprodukt gezahlt werden muss:
„Ich verlasse morgens um sechs das Haus und komme abends um neun wieder zurück. Wenn ich losgehe, träumt meine Tochter noch und wenn ich zurückkommen, schläft sie schon wieder. Sie bekommt mich nur an einem Tag pro Woche zu Gesicht.“
Eine für mich gute Überraschung, nach den düsteren Themen der ersten beiden Räume, bei denen es um Konsum mit den erschreckenden Wegwerfmode-Youtube-Videos der jungen Generation, Ökonomie und Ökologie geht, war der letzte Raum mit dem Slow Fashion Lab. Während in Hamburg vermutlich ebenfalls lokale Designer gezeigt wurden, präsentiert Dresden sächsische Labels, die in ihren Produktionsbedingungen und Materialien auf Nachhaltigkeit achten. Mehrere Labels zeigen ihre Modelle auf einem imaginären Laufsteg. Sowohl die Thierfelder Manufaktur wie natürlich auch Internaht waren mir schon gut bekannt. Erstaunt war ich aber, dass ich noch nichtmal alle Marken aus meiner eigenen Stadt kannte. Direkt aus Dresden kommen Elvida, die ebenfalls nachhaltige Kindermode herstellen, Neonon, Daedalus, Ruttloff-Garments, anders & anders, Myrelle und Mirastern, mit wunderschönen Kleidern.
Den Laufsteg mit verschiedenen Designermarken flankierten unter anderem neue Materialien, die im Kontext der Nachhaltigkeit stehen. Besonders beeindruckt hat mich dabei das Rhabarberleder, das ohne die giftigen Chrome-Verbindungen gegerbtwird, aber auch der Brennnesselstoff und Milchfaden der Firma QMilch. Selbst Polyester wäre eigentlich nachhaltiger in der Verarbeitung, dass es ressourcenschonender als Baumwolle hergestellt werden kann und auf Pestizide verzichtet wird …
Das Rahmenprogramm zu dieser wirklich sehens- und vor allem diskussionsanregenden Ausstellung ist sehr umfangreich. Besonders lohnend wird dabei die Tagung am 27./28. Februar 2016 sein, die unter dem Titel „Mode trifft Moral. Ein Wochenende über dieLicht- und Schattenseite der Mode“ sein. Neben Filmen, Diskussionspanels und auch einer After-Show-Party sowie einer Modenschau gibt es auch ganztägig Do it yourself -Angebote, die Upcycling umfasst, aber auch das Spinnen mit dem Spinnrad ermöglichen werden. Sehen wir uns da?
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